interview

interviewer:
Christine Peters
2005-10-27


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Gabriel Kornreich
Wie würdest du jemand anderem deinen Job beschreiben?
Ich lebe in Barcelona, sehr einfach und spartanisch. 2x in der Woche unterrichte ich an einer Kunsthochschule, aber die Studenten sind da in der Auseinandersetzung leider recht anspruchslos... dann teile ich mir seit 4 Jahren ein Atelier mit einem Künstler, wo ich so eigene, kleine Projekte erarbeite (Gymnastikgerät, Computergestell für einen Laptop, Lampen, Flaschengestell..), kleine Serien und ich lerne gerade, wie ich die vertreiben kann. Außerdem bin ich ein "manu...?", d.h. ich mach so, was anliegt: renovieren, Computer einrichten..

Welche Arbeiten oder auch Ereignisse waren besonders wichtig für dich?
Meine politische Tätigkeit in meiner Jugend (in Argentinien) unter der Militärdiktatur. Wir haben Verstecke gesucht und gebastelt, z.B. Granaten in Damenhandtaschen versteckt und sowas, und dann habe ich später erfahren, dass es dieses Basteln als Beruf gibt (Design). Und als ich nach Europa gekommen bin; das war auch eine Wende.

Mit wem bist du so in Verbindung oder mit wem arbeitest du zusammen?
Mit einem Ingenieur aus Argentinien, der ist schon pensioniert und von Beruf Feinmechaniker. Und mit Freunden. Manchmal funktionieren da Kontakte: die eine macht Grafik, der andere ...

Triffst du noch ehemalige ID4ler oder arbeitest du mit Ihnen zusammen?
Früher als ich noch in Berlin war, habe ich viel mit Werner Schulte zusammen gearbeit, der organisiert Design-Ausstellungen, ein toller Typ!

Woran oder wo würdest du gerne arbeiten? Was würde dich reizen?
Ich würd gerne Sexspielzeug entwickeln. Und in Überraschungseiern vertreiben. Mich interessieren unterschiedliche Welten, die eigentlich nicht zusammenpassen..

Wer oder was bringt dich auf Ideen und turnt dich an?
Probleme. Oder Hindernisse. So ist z.B. auch dieses Computergestell entstanden.. Draußen im Sommer. Der Rechner wurde so heiß auf meinem Schoß.. Gabriel, was hast Du denn studiert, habe ich mir da gesagt..

Wenn du gerade nicht arbeitest, wo bist du am liebsten?
Am Strand. Liegend.

Auf was könntest du leicht verzichten?
Ich hab ja schon auf viel verzichtet, als ich nach Spanien gegangen bin: auf Sicherheit zum Beispiel. Die gibt es hier nicht. Ich lebe von wenig Geld, mit wenig Arbeit. Auf das tolle Image, den Glamour von Barcelona ("wow!") könnte ich noch verzichten...

Was hat dir für die Praxis am meisten gebracht?
Meine Zeit bei Luigi Collani (1982). Und das konzeptionelle Denken bei Nick(Roericht).

Was fällt dir als erstes ein, wenn du an Dein Studium im ID4 denkst?
Wie ich als der "Typ aus der 3.Welt" da angefangen habe: wir hatten in Argentinien eher Tafel und Kreide. Und hier gab es Werkstätten, Keramik, Kunststoff.., alles da! Aber das theoretische Niveau war in Argentinien 3 mal so hoch. Unglaublich! Ich hatte in 3 Semestern schon mehr gelernt (z.B. Ergonomie) als später an der Hdk!

Welche Lehr-Ansätze von ID4 funktionieren für dich noch? Oder vielleicht gerade heute?
Die Kurzzeit-Projekt-Struktur! Und unsere Gruppe hatte Glück mit Ernst Krämer. Es gab ja immer sehr persönliche Kontakte zu denjenigen, die Nick (Roericht) mit seinem "Riecher" für uns auserkoren hatte. Bei unserer kleinen Gruppe hat das gut funktioniert. Woanders nicht immer.

Was hat dir im Studium gefehlt? Allgemein und bei ID4?
Werkzeuge zu lernen, mit denen man Geld verdienen kann. Langsam zu erlernen! Wir wurden eher ausgebildet als konzeptionelle Elite-Designer für Vitra oder Volkswagen. Das können nur wenige machen.Wirtschaftliches, Finanzielles.. da war die Ausbildung gleich Null.